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 Anja Proft

Gesundheitsrisiken durch Übergewicht

Die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas (starkem Übergewicht) nimmt besonders in den Industriestaaten seit Jahren stetig zu. Laut Robert-Koch-Institut sind mittlerweile zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen in Deutschland übergewichtig, ein Viertel der Erwachsenen sogar stark (adipös). Auch der Anteil übergewichtiger Kinder steigt weiterhin dramatisch an. Nach Schätzungen von Wissenschaftlern ist ein falscher Lebensstil (Fehlernährung, zu wenig Bewegung, Rauchen) für 70 % aller Erkrankungen in den westlichen Industrieländern (v.a. Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Lungenerkrankungen und Krebs) verantwortlich.

Häufig wird das Übergewicht von den Betroffenen eher als kosmetisches Problem (oder gar nicht als Problem) gesehen, dabei sind die gesundheitlichen Gefahren nicht zu unterschätzen.

Ab wann spricht man von Übergewicht bzw. Adipositas?

Wann ist Übergewicht „nur ein paar Kilo zu viel“ und ab wann muss man mit gesundheitlichen Risiken rechnen? Der BMI (Body Mass Index) kann bei einer ersten Einschätzung helfen, ob es sich um leichtes Übergewicht oder bereits um Adipositas in ihren verschiedenen Ausprägungen handelt. In der folgenden Tabelle können Sie ablesen, welchen BMI-Werten welche gesundheitlichen Risiken zugeordnet werden.

Kategorie BMIRisiko für Begleiterkrankungen des Übergewichts
Untergewicht  < 18,5niedrig
Normalgewicht18,5 - 24,9  durchschnittlich
Übergewicht> 25,0 
Präadipositas25 - 29,9gering erhöht
Adipositas Grad I30 - 34,9erhöht
Adipositas Grad II35 - 39,9hoch
Adipositas Grad III  > 40sehr hoch

Quelle: Adipositas Gesellschaft

Wie wird der BMI berechnet?

Der BMI lässt sich mit folgender Formel berechnen: Körpergewicht (in kg) / Größe (in m) zum Quadrat.

Beispielrechnung: Sie sind 1.80 Meter groß und wiegen 90 kg.

1.80 x1.80 = 3.24

Nun teilen Sie Ihr Gewicht durch diesen Wert:

90 / 3.24 = 27.8 Ihr BMI wäre in diesem Fall 27.8.

Der Index hat durchaus seine Schwächen – so berücksichtigt er beispielsweise nicht Alter oder Geschlecht und unterscheidet auch nicht Fett- oder Muskelmasse. Dennoch kann er, wenn es sich bei dem Untersuchten nicht beispielsweise um einen muskulösen Sportler handelt, bei der Einschätzung des Gewichtszustandes helfen.

Übergewicht ist nicht gleich Übergewicht

Zur Risikoabschätzung von Folgeerkrankungen spielt neben dem BMI insbesondere die Fettverteilung eine entscheidende Rolle. So ist v.a. das Bauchfett (viszerales Fettgewebe) gefährlich, da es besonders aktiv ist und Botenstoffe, die Entzündungen fördern, ausschüttet. Einen guten Marker stellt hier der Taillenumfang dar. Liegt dieser bei Frauen über 88 cm oder bei Männern über 102 cm, soll ein deutlich erhöhtes Krankheitsrisiko vorliegen (Mike E. J. Lean et al.: Waist circumference as a measure for indicating need for weight management. In: British Medical Journal. Vol. 311, 15. Juli 1995, S. 158–161). Als weiterer Wert zur Risikoeinschätzung kann von Ärzten oder Ernährungsberatern das Waist-Hip-Ratio (Verhältnis von Taillen- zu Hüftumfang) herangezogen werden.

Bei starkem Übergewicht liegen Bluthochdruck, Insulinresistenz (Hauptursache für Diabetes mellitus Typ II), erhöhte Blutfettwerte und abdominelle Fettleibigkeit (erhöhtes Bauchfett) häufig gleichzeitig vor und man spricht vom metabolischen Syndrom. Zur Behandlung einzelner Risikofaktoren werden häufig Medikamente eingesetzt. Allerdings ist auch eine Lebensstilveränderung (Abnehmen, mehr Bewegung, gesunde Ernährung, kein Rauchen) effektiv und kann Blutdruck-, Fett- und Blutzuckerwerte häufig normalisieren und schließlich zu einem höheren Wohlbefinden und einer verbesserten Lebensqualität beitragen.

Welche Krankheiten können durch Übergewicht entstehen?

Stoffwechselerkrankungen, die durch Übergewicht entstehen

Ein hohes Körpergewicht kann nicht nur Folge einer Stoffwechselstörung sein, es kann auch zahlreiche Stoffwechselerkrankungen auslösen. So gehen Übergewicht und besonders starkes bzw. Adipositas erfahrungsgemäß mit einer Vielzahl gesundheitlicher Risikofaktoren einher. Die Blutfettwerte Cholesterin, LDL-Cholesterin und Triglyceride sind meist erhöht, das schützende HDL-Cholesterin erniedrigt. Außerdem weisen Übergewichtige im Vergleich zu Normalgewichtigen häufig zu hohe Blutdruck- und Blutzuckerwerte auf. Dies führt zu einem steigenden Risiko für verschiedene sogenannte Wohlstandskrankheiten, darunter Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Arteriosklerose (Arterienverkalkung), Gicht und leider auch bösartige Erkrankungen (Krebs).

Diabetes mellitus

Diabetes mellitus Typ II wurde lange Zeit als Altersdiabetes bezeichnet. Heute erkranken immer jüngere Menschen daran. Inzwischen ist etwa jeder 10. Deutsche betroffen. Risikofaktoren sind neben einer genetischen Veranlagung Übergewicht und Bewegungsmangel. Die Erkrankung bleibt häufig lange Zeit unentdeckt, da zunächst keine Symptome auftreten. Im Krankheitsverlauf reagieren die Körperzellen immer unempfindlicher auf das Hormon Insulin, was dafür sorgen soll, dass Glukose in die Zellen zur Energiegewinnung aufgenommen wird. Entsprechend steigt der Blutzuckerspiegel an. Bei leichten bzw. frühen Formen von Diabetes kann die Umstellung des Lebensstils (mehr Bewegung, gesunde Ernährung, Abnehmen) dazu führen, dass sich die Blutzuckerwerte wieder normalisieren und wieder über das körpereigene Insulin reguliert werden können. Ansonsten sorgen blutzuckersenkende Medikamente oder Insulin für die Normalisierung der Glukosewerte. Langfristig haben Diabetiker ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall, periphere Verschlusskrankheit) sowie für Gefäßveränderungen an Retina (Auge), Niere und Nerven.

Koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt und Schlaganfall

Durch das gesteigerte Körpergewicht verändern sich meist auch die Blutfettwerte, wobei das „gute“ HDL-Cholesterin sinkt und das „schlechte“ LDL-Cholesterin ansteigt. Lagern sich diese Blutfette zusammen mit Blutgerinnseln und Bindegewebe in den Innenwänden der Herzkranzgefäße ab, so kommt es zu einer Engstelle im Gefäß und die Durchblutung wird behindert. Der Herzmuskel kann nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt werden. Zunächst treten mehr oder weniger starke Schmerzen bei Belastungen auf (Angina pectoris). Wird das Gefäß komplett verschlossen, können Herzmuskelzellen absterben und man spricht von einem Herzinfarkt. Befindet sich das verschlossene Gefäß im Gehirn, kommt es zu einem Schlaganfall.

Krebserkrankungen

Bestimmte Krebsarten werden durch Übergewicht gefördert. Dazu gehören z.B. Darmkrebs, Speiseröhrenkrebs und Nierenzellkrebs. Übergewichtige Frauen haben außerdem ein erhöhtes Risiko für Gebärmutterkörperkrebs sowie für Brustkrebs in und nach den Wechseljahren. Dabei gilt, je höher das Gewicht, desto größer ist das Risiko. Besonders gefährlich ist hier ebenfalls das Bauchfett, dessen Hormone und Botenstoffe eine Art chronische Entzündung auslösen und damit die Krebsentstehung begünstigen.

Gicht

Gicht ist eine Stoffwechselerkrankung, bei der sich zu viel Harnsäure im Blut ansammelt, da diese nicht genügend über die Niere ausgeschieden werden kann. Für verschiedene Gene wurde ein Zusammenhang mit Gicht beschrieben, Überernährung und Übergewicht begünstigen die Entstehung zusätzlich. Purinreiche Lebensmittel wie z.B. Fleisch, Innereien und Fisch sowie fettreiches Essen in Kombination mit Alkohol sind besonders problematisch. Kristallisiert die Harnsäure aus, so kommt es zu einer Entzündung mit schmerzenden, geröteten und geschwollenen Gelenken. Mündet die Entzündung in einen Gichtanfall, führt dieser zu massiven Schmerzen und Fieber. Chronische Verläufe sind möglich.

Fettleber

Die Fettleber gehört zur häufigsten Lebererkrankung, ca. jeder fünfte Deutsche ist davon betroffen. Ist nicht Alkohol die Ursache, spricht man von einer „Nichtalkoholischen Fettleber“. Übergewicht und das viszerale Bauchfett sind neben einer fett- und zuckerreichen Ernährung entscheidende Risikofaktoren. Überschüssige Kohlenhydrate und Fette werden von der Leber in Form von freien Fettsäuren gespeichert, sodass die Leber mehr und mehr verfettet. Da diese Entwicklung über Jahre keine Symptome auslöst, bleibt eine Fettleber meist unbemerkt. Kommt es im Verlauf zu einer Entzündung, liegt eine Fettleberhepatitis vor, die sich weiter zur Leberzirrhose (Lebergewebe wird zu Bindegewebe umgebaut) und schließlich zu einem Leberkarzinom entwickeln kann.

Labortests bei Übergewicht

Es gilt, Risikofaktoren für bestimmte Stoffwechselerkrankungen möglichst frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Der Blutzuckerspiegel sowie der HbA1c-Wert (Langzeitblutzucker), Blutfettwerte (Triglyceride, Cholesterin, HDL- und LDL-Cholesterin), Harnsäure- und Leberwerte zeigen, ob eine Anpassung des Lebensstils über die Ernährung bzw. ein verändertes Bewegungsverhalten oder ggf. Medikamente nötig sind, um mögliche Folgeschäden zu vermeiden.

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Meist ist ein falscher Lebensstil mit einer zu hohen Energiezufuhr und Bewegungsmangel für die stetige Gewichtszunahme verantwortlich. In einigen Fällen sorgt jedoch eine Stoffwechselerkrankung dafür, dass trotz gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung die Kilos nicht purzeln wollen.

Quellen:
www.diabetes-ratgeber.net/Diabetes/Symptome-Anzeichen-fuer-einen-Diabetes-222631.html
www.news.doccheck.com/de/blog/post/7855-typ-2-diabetes-warum-ignoriert-ihr-die-diaet/
www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Themen/Chronische_Erkrankungen/HKK/HKK_node.html
www.ugb.de/gesund-abnehmen-ohne-diaet/uebergewicht-nur-veranlagung/?uebergewicht-adipositas
www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/2016/news67-uebergewicht-adipositas-krebsrisiko-iarc.php
www.ugb.de/ernaehrungsberatung/gicht-ernaehrung/
www.gesundheit.de/ernaehrung/gesund-essen/ernaehrung-und-lebensstil/erkrankungen-durch-falsche-ernaehrung

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