Anja Proft
Mangelernährung: Durch Diäten droht eine Fehlernährung
Verschiedene Diäten und alternative Ernährungsformen werden immer beliebter: Schnell noch etwas abnehmen oder die Ernährung auf vegetarische oder vegane Kost umstellen … Ist die Ernährung jedoch zu einseitig und wird nicht gezielt auf die ausreichende Zufuhr wichtiger Nährstoffe geachtet, droht ein Mangel an Vitaminen und Mineralstoffen. Dieser kann mitunter schwerwiegende Folgen verursachen.
Unser Nahrungsmittelangebot ist mittlerweile vielfältiger denn je. Zu jeder Jahreszeit sind für uns gesunde, nährstoffreiche Lebensmittel im Supermarkt leicht zugänglich. Zusätzlich steigen die Erkenntnisse und Informationen bezüglich einer ausgewogenen, bedarfsdeckenden Ernährung. Man sollte also meinen, dass eine ausreichende Versorgung mit allen nötigen Nährstoffen in Deutschland kein Problem mehr darstellt. Eine Mangelernährung wird in unserer Gesellschaft meist mit von Essstörungen Betroffenen oder mit Hungersnöten in Entwicklungsländern assoziiert. Bei uns führt das Überangebot an (energiereichen) Lebensmitteln vielmehr zu einer steigenden und besorgniserregenden Anzahl Übergewichtiger. Bei den ausgiebigen Diskussionen über diese Problematik wird vielfach nicht wahrgenommen, dass auch in Deutschland ein beträchtlicher Anteil an Menschen aufgrund verschiedener Krankheitsbilder oder Lebenssituationen mangelernährt ist.
Besonders verbreitet ist eine Mangelernährung bei Älteren. Krankheiten und Medikamente, aber auch eine unzureichende Nährstoffzufuhr und -verwertung führen dazu, dass in Senioreneinrichtungen lebende Menschen mit einem Anteil von bis zu 45 % mangelernährt sind.
Jüngere können ebenfalls einen Nährstoffmangel aufweisen. Der steigende Trend zu verschiedenen Diäten begünstigt das Risiko einer Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen, wenn die Ernährungsform einseitig ist oder nur eine minimale Kalorienzufuhr vorsieht. Der Anteil sich vegetarisch und vegan ernährender Menschen steigt kontinuierlich an. In der Regel ernähren sich Vegetarier und Veganer sehr bewusst und gesund, sodass ihre Ernährungsweise häufig gesundheitliche Vorteile (z.B. niedriger Blutdruck und Cholesterinspiegel) mit sich bringt. Da Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte jedoch einen hohen Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen aufweisen, müssen diese Nährstoffe beim Verzicht tierischer Lebensmittel mit einer durchdachten Speisenzusammenstellung oder entsprechenden Präparaten ausgeglichen werden.
Leider herrscht häufig immer noch zu viel Unsicherheit darüber, wo mögliche Nährstofflücken bestehen und wie diese behoben werden können. Bei der gesunden Bevölkerung deckt eine ausgewogene Ernährung – mit Ausnahme von Vitamin D – in den allermeisten Fällen den Nährstoffbedarf. Eine vorsorgliche Einnahme von Nährstoffpräparaten ist daher nicht nur unnötig und teuer, sondern aus gesundheitlichen Gesichtspunkten auch fraglich. Die vielfach eingenommenen (Multi-) Präparate sind teilweise zu hoch dosiert und können den Körper unnötig belasten. Sinnvoll wäre die gezielte Supplementation bei einem Mangel.
Formen der Mangelernährung
Bei einer Mangelernährung kann der Bedarf des Körpers an Energie, Proteinen oder anderen Nährstoffen (Vitaminen und Mineralstoffen) nicht gedeckt werden. In der Folge können die Zellen und Organe ihre Funktion nicht mehr richtig ausüben, was unterschiedliche Symptome auslösen und verschiedene Erkrankungen verursachen kann. Besonders häufig kommt die Mangelernährung im Alter vor. Mediziner unterscheiden die quantitative und qualitative Mangelernährung.
Die quantitative Mangelernährung
Unter einer quantitativen Mangelernährung bzw. Unterernährung versteht man einen Mangel aller Nahrungsbestandteile. Das heißt, dem Körper wird nicht genug Nahrungsenergie zugefügt bzw. kann er diese nicht ausreichend verwerten. Meist handelt es sich um den sog. Protein-Energie-Mangel. Dieser geht häufig mit einem Vitamin- und Mineralstoffmangel einher. Er ist besonders in Entwicklungsländern weit verbreitet, wo nicht genügend Lebensmittel zur Verfügung stehen. In den Industrieländern tritt er bei schwerwiegenden Erkrankungen (z.B. Krebs, AIDS) oder auch bei älteren Menschen (Sarkopenie) auf.
Die qualitative Mangelernährung
Von einer qualitativen Mangelernährung oder einer Fehlernährung spricht man, wenn eigentlich genug Nahrung aufgenommen wird, die Qualität jedoch nicht gewährleistet, den Körper mit allen Nährstoffen ausreichend zu versorgen. Die Ursache ist eine falsche Zusammenstellung der Nahrungsbestandteile. So kann z.B. die häufige Zufuhr von Fast Food dazu führen, dass zu wenig nährstoffreiche Inhaltsstoffe aufgenommen werden und in Folge dessen ein Vitamin- bzw. Mineralstoffmangel auftritt.
Auslöser für Mangelernährung
Eine Mangelernährung entsteht, wenn über einen längeren Zeitraum die Nährstoffzufuhr geringer als der Nährstoffbedarf ist, die zugeführten Nährstoffe nicht ausreichend verwertet werden können oder ein starker Abbau von Körpersubstanz vorliegt. Die Gründe dafür können vielseitig sein: Eine einseitige Kost aufgrund verschiedener Diäten oder Ernährungsformen, Veränderungen im Alter, Krankheiten und Medikamente sowie Depressionen, Armut oder soziale Isolation .
Diät halten
Bei einer Diät wird üblicherweise die Zufuhr von Fetten, Kohlenhydraten und/oder Eiweiß reduziert. Die Ernährung kann dadurch einseitiger werden und teilweise ist die Kalorienzufuhr stark reduziert. Werden gesunde, nährstoffreiche Mahlzeiten kleiner, droht ein Vitamin- und Mineralstoffmangel. Immer wieder erfreuen sich gefährliche „Trend-Diäten“ großer Beliebtheit, die ein Risiko für die Gesundheit darstellen. Bei einer Diät sollte eine bedarfsdeckende Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen sichergestellt sein.
Vegetarische Ernährung
Der Verzicht auf tierische Lebensmittel wirkt sich meist positiv auf die Gesundheit aus. So sind z.B. der Blutdruck, der Cholesterinspiegel und das Gewicht bei Vegetariern meist niedriger als bei Nichtvegetariern. Verschiedene Nährstoffe kommen jedoch in pflanzlichen Lebensmitteln nicht im selben Ausmaße vor wie in tierischen bzw. können vom Menschen schlechter verwertet werden. Zu den sog. kritischen Nährstoffen gehören Eiweiß, Eisen, Vitamin D, Vitamin B12, Omega-3-Fettsäuren und Jod. Stehen Milchprodukte und Eier auf dem Speiseplan (sog. Ovo-Lacto-Vegetarier), kann der Bedarf aller Nährstoffe durch eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung gedeckt werden.
Vegane Ernährung
Veganer verzichten auf sämtliche Lebensmittel tierischen Ursprungs (inklusive Honig). Diese Ernährung kann sehr gesund sein und zur Vorbeugung bestimmter Zivilisationskrankheiten (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bestimmte Krebsarten) beitragen. Allerdings birgt sie bei falscher Umsetzung ein erhöhtes Risiko für einen Mangel an Protein, Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D, Vitamin B2/Riboflavin, Vitamin B12, Calcium, Eisen, Jod, Zink und Selen. Eine gezielte Lebensmittelauswahl und durchdachte Planung unter Einbezug sog. angereicherter Lebensmittel kann zu einer ausreichenden Nährstoffversorgung führen. Eine Sonderstellung nimmt dabei das Vitamin B12 ein. Ohne Zufuhr von Vitamin-B12-Präparaten weisen bis zu 86 % der Veganer einen B12-Mangel auf. Ein B12-Mangel kann schwerwiegende neurologische Störungen sowie eine Blutarmut (megaloblastäre Anämie) nach sich ziehen. Der Status sollte daher regelmäßig überprüft werden.
Alter
Ältere Menschen gehören zu den Risikogruppen einer Mangelernährung. Schlechtere Ernährung aufgrund von Versorgungs- und Zubereitungsproblemen, aber auch Kaubeschwerden und ein abnehmendes Hungergefühl, sind nur eine mögliche Ursache. Ein Protein-Energie-Mangel ist weit verbreitet. Die Funktion der Haut, unter UV-Strahlung Vitamin D zu bilden, lässt nach, sodass eine Vitamin-D-Unterversorgung bei Älteren weit verbreitet ist. Häufig ist auch die Nährstoffaufnahme im Alter reduziert. Dies wird u.a. durch die steigende Medikamenteneinnahme begünstigt. Bei bis zu 30 % der älteren Menschen findet sich ein Vitamin-B12-Mangel. Eine Grunderkrankung (z.B. Magen-Darm-Beschwerden) kann ebenfalls zu einem Nährstoffmangel führen.
Bestimmte Krankheiten
Besonders häufig sind Patienten mit chronischen Krankheiten, wie z.B. Krebs, von einer Mangelernährung betroffen. Erkrankungen des Verdauungstrakts (z.B. Morbus Crohn oder Zöliakie) können die Verdauung und Nährstoffaufnahme erschweren und z.B. einen Vitamin-B12-Mangel begünstigen. Durchfall und Erbrechen führen zu Nährstoffverlusten. Durch eine Infektion oder eine Schilddrüsenüberfunktion ist der Nährstoffbedarf erhöht.
Mangelerscheinungen (Symptome) bei Fehlernährung
Die Auswirkungen einer Mangelernährung hängen davon ab, welcher Nahrungsbestandteil nicht im ausreichenden Maße aufgenommen wird. Ein Energiemangel äußert sich zunächst in einer Gewichtsabnahme. Ein Proteinmangel führt zu einer Schwächung des Immunsystems und einem Abbau der Muskelmasse.
Bei einer Vitamin-Unterversorgung kann es mitunter Jahre dauern, bis sich erste Mangelsymptome äußern. Der Körper entleert zunächst seine teilweise weitreichenden Speicher (z.B. bei Vitamin B12).
Eine leichte Unterversorgung von Vitaminen oder Mineralstoffen löst häufig nur unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Blässe, Schwäche, Antriebslosigkeit und Appetitlosigkeit aus. Ein Eisenmangel kann eine Blutarmut (Anämie) nach sich ziehen. Ein Mangel an Vitamin D erhöht langfristig das Risiko für Osteoporose und Knochenbrüche. Ein Vitamin-B12-Mangel kann bis hin zu neurologischen Störungen führen, die teilweise irreversibel (nicht rückgängig zu machen) sind.
Ein Mangel kann also gravierende Folgen auslösen und sollte daher möglichst beim Vorhandensein eines Risikos und noch vor Auftreten erster Symptome abgeklärt werden.
Diagnostik einer Mangelernährung
Da sich die entsprechenden Mangelerscheinungen einer unzureichenden Versorgung mit Nährstoffen teilweise unspezifisch oder erst Jahre später äußern und mitunter gravierende Folgen haben können (z.B. bei einem Vitamin-B12-Mangel), wird die frühzeitige Überprüfung der ausreichenden Versorgung bei verschiedenen Diäten empfohlen. Meist erfolgt diese über eine Blutanalyse, wobei es für bestimmte Mängel verschiedene Laborparameter gibt, die in ihrer Aussagekraft auf einen Mangel variieren. Das Ergebnis ist teilweise schwierig zu interpretieren. So wird z.B. für die Kontrolle des Eisenstatus nicht das Eisen, sondern das aussagekräftigere Eisenspeicherprotein Ferritin im Blut bestimmt. Ein Nährstoffmangel-Test sollte daher nicht in Eigenregie erfolgen, sondern von einem Arzt bzw. einem medizinischen Labor begleitet werden.
Unser Nährstoffmangeltest
Bei uns im Medizinischen Labor führen wir die genau auf Sie bzw. auf Ihre Ernährungsform abgestimmten Analysen zur Bestimmung der Vitamin- bzw. Mineralstoffspiegel durch. Auf Wunsch berät unsere Ärztin Sie ausführlich über die für Sie sinnvollen Tests. Eine einfache Blutentnahme reicht für die Nährstoffbestimmung meist aus und mit Hilfe unserer ausführlichen Handlungsempfehlungen können Sie mögliche Nährstofflücken (ggf. über Nährstoffpräparate) anschließend gezielt und schnell schließen. Damit werden nicht nur die Risiken des Nährstoffmangels, sondern auch unnötige Kosten und Belastungen des Körpers durch eine zu hohe oder überflüssige Zufuhr an Vitaminen und Mineralstoffen reduziert.
Nährstoffmangel-Test
Quellen:
www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/15-04-2016-vegane-ernaehrung/
www.netdoktor.de/krankheiten/mangelernaehrung/
www.eesom.com/ernaehrung-stoffwechsel/ernaehrung/stoerungen/mangelernaehrung/
www.monitor-versorgungsforschung.de/news/studie-mangelernaehrung-in-deutschland-findet-kaum-beachtung
www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2007/09_07/EU09_B25_B26.qxd.pdf
www.monacon.com/publications/Mangelernaehrung_in_Deutschland.pdf
www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2010/04_10/EU04_2010_204_211.qxd.pdf